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8 Dinge, die wir auf der dmexco erfahren haben

  • Lesedauer: 3.30 Minuten

Die Fachmesse dmexco ist eigentlich Pflichttermin jeder Werbeagentur, die sich mit digitalen Themen wie SEO, Online Marketing, Social Advertising oder Content Marketing beschäftigt. Deshalb waren wir in diesem Jahr wieder in Köln dabei. Vielleicht vorläufig zum letzten Mal, meint unser Agenturchef Christian.

Die dmexco zeigt uns Werbern, Marketingmenschen, Agenturlern und Co. jedes Jahr aufs Neue vor allem eines: Wir können uns selbst wunderbar inszenieren. Andere Erkenntnisse muss man manchmal zwischen den bunten Ständen suchen. Hier kommen 8 Dinge, die uns auf der dmexco 2016 beschäftigt haben:

  1. Content bleibt King, Video ist die Königin und Storytelling ist sowieso nicht mehr wegzudenken, wenn es um die Inszenierung von Marken und Produkten geht. Das klingt nicht wahnsinnig innovativ – ist es auch nicht. Die Messe hat deutlich weniger echte Innovationen zu bieten als uns so mancher Aussteller weismachen will. Doch das ist (außer vielleicht für die Aussteller, die natürlich etwas Neues vorstellen möchten) auch gar nicht schlimm. Matthias Stock, Head of Social Media beim Autovermieter SIXT, fasste das auf einem Panel gut zusammen: "Der Bedarf ist häufig bei den Usern ganz anders als die [auf der Messe präsentierten] Shining Objects“. Er meint damit die neuesten Online Marketing Produkte, die zwar technisch Up-to-date sind, aber leider häufig keinen neuen Nutzen für die Menschen bringen… Denn: Das Userverhalten ändert sich sehr viel langsamer als die vermeintlichen Innovationen der Branche.

  2. User möchte auf den digitalen Kanälen vor allem eines: Mehrwert. Mehrwert können Tipps und Tricks, Informationen oder auch Unterhaltung sein. Aber nicht ein neues Online- oder Mobileformat um seiner selbst willen, nur weil die Technik oder die Bandbreite das jetzt hergeben. Onlineprodukte müssen ein Nutzungsversprechen einlösen, wenn sie die Marke nicht beschädigen sollen. "L’art pour l’art“ ist hier fehl am Platz.

  3. Content Marketing braucht Media, also Werbebudget. Wer tolle Geschichten erzählen möchte, der sollte auch das Geld in die Hand nehmen, um die Geschichten zu verbreiten. Egal ob Facebook-Seite, Blog oder Instagram-Account – ohne ein zumindest kleines Budget lohnt sich die Mühe nur selten.

  4. Content Marketing, Social Media Marketing und Co. benötigen verlässliche KPIs. Da wir gerade beim Thema „L’art pour l’art“und Finanzen sind: Wenn man Onlinekanäle wie Blog, Facebook, Instagram, XING, LinkedIn und Co. unternehmerisch sinnvoll betreiben möchte, dann sind messbare Zahlen sinnvoll und richtig. Das sollten im Idealfall natürlich Umsatzzahlen sein. Aber auch Reichweite, Interaktion, Öffnungs-, Klick- oder Zugriffsraten machen Marketingaktivitäten messbar. Wichtig dabei: Vorab realistische und aussagekräftige Benchmarks aussuchen. Und die können je nach Aufgabenstellung durchaus unterschiedlich ausfallen.

  5. Die Technik und die Social Media Kanäle können noch so verlockend sein: Ohne Strategie geht es nicht! Und dabei sollte man sich besser mal die eigenen Kunden anschauen. Das hat auch die Deutsche Bahn gelernt und teuer bezahlt: Svea Raßmus, Leiterin Social Media Management bei DB Vertrieb, hatte in ihrem Impulsvortrag „Social Media ist überall, Relevanz aber nicht - Was Content Marketing wirklich leisten kann“ ein schönes Beispiel im Gepäck: Die Bahn hat einige Zeit lang via Content Marketing tolle (und vermutlich alle mit der Bahn erreichbare) Reiseziele vorgestellt. Einziges Problem: Die Markenwerte der Bahn passen gar nicht zum Thema Reiseberatung. Die Menschen sehen da keine Kernkompetenz der Bahn und haben den Beiträgen folglich nicht wirklich viel Aufmerksamkeit geschenkt. Eine durchdachte Strategie sieht anders aus.

  6. Die Digitalisierung erfordert eine neue Digitalethik. Klingt irgendwie sperrig? Ja, das hat Ethik gerne schon mal so an sich. Aber eigentlich ist es leicht erklärt: Wir können inzwischen Dinge technisch tun, bei denen wir uns jedoch moralisch oder eben ethisch fragen müssen, ob wir das auch wirklich tun sollten. Was ist, wenn Retargeting-Werbung bloßstellend ist, weil mehrere Personen einen Rechner nutzen? Sollte eine Hausautomationslösung auch die Kinder überwachen können? Und was, wenn nach dem Tod einer Person der eine Erbende die Löschung aller Social Media Accounts veranlassen will, der andere die Einträge aber als Möglichkeit der Erinnerung beibehalten möchte?

  7. Die Branche ist noch sehr stark „screenzentriert“. Das ist sicher aktuell auch noch gerechtfertigt, aber die digitale Welt entwickelt sich von einem Internet auf Bildschirmen hin zu einem Internet der Dinge. Keine Ahnung, ob es Zufall oder Absicht war, dass Amazon in Deutschland die baldige Verfügbarkeit seines per Sprache steuerbaren Lautsprechersystems Echo genau während der dmexco ankündigte – aber die Soundröhre gibt einen ersten Vorgeschmack auf das, was auch die digitale Werbewirtschaft in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Vorgelesene Newsletter à la Podcast vielleicht? Individuelle und interessensbasierte Werbespots? Die Radiowerber würde es sicher freuen…

  8. Die Webseite ist tot, Social Media ist der erste Touchpoint mit neuen Marken. Puh, eine ganz schön harte Aussage für das Blog einer Werbeagentur, die mit Webseiten (aber zum Glück auch mit Social Media Marketing) Geld verdient. Okay, die Aussage ist auch etwas zugespitzt. Natürlich werden Unternehmen auch in Zukunft Webseiten benötigen. Aber sie werden (insbesondere im B2B-Bereich) eben zukünftig auch noch stärker auf Social Media Kanäle setzen müssen, um potentielle Neukunden zu erreichen. Da überrascht es nicht, dass sich gefühlt jeder zweite Stand auf der dmexco 2016 mit Social Media beschäftigte und an beinahe jeder Ecke ein weiteres vermeidlich innovatives Social-Media-Analyse-Tool wartete. Wirklich neu war uns das alles nicht. Und dass im Mittelstand bereits ein Umdenken in Sachen Social Media Marketing durchaus schon begonnen hat, sehen wir bei _NEUBLCK zum Beispiel durch die kontinuierlich ansteigende Nachfrage nach Beratung und Contenterstellung für XING oder LinkedIn.


Die ganze Branche stöhnt, dass jedes Jahr eine andere digitale Sau durchs Dorf getrieben wird. Echte Innovationen? Gibt es kaum. Aber alle sind großartig darin, auch nur marginal aktualisierte Angebote mit neuem Namen zu versehen und so totale Innovation zu verkaufen. Ob wir daher auch nächstes Jahr wieder nach Köln pilgern werden – mal sehen...

Das passendste Fazit zur dmexco 2016 liefert Marketing-Professor Franz-Rudolf Esch in der Onlineausgabe der HORIZONT. Zwar bezog er sich darin gar nicht explizit auf die Fachmesse in Köln, es passt aber doch total gut:

"Es gibt heute eine solche Flut an Buzzwords und eine so große Furcht, nicht up to date zu sein, dass häufig zu schnell agiert und zu wenig reflektiert wird.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen.


geschrieben von Christian
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