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Unangenehme Nachrichten kommunizieren – oder etwa nicht?

Unangenehme Nachrichten kommunizieren – oder etwa nicht?

  • Lesedauer: 5 Minuten

Die einen nennen es Krisenkommunikation, die anderen Changekommunikation oder strategische Kommunikation. Oder schlicht „schlechte Nachrichten“. Wie gehen professionelle Kommunikatoren damit um? Müssen sie immer kommunizieren oder kann man auch mal nichts sagen? Unser Geschäftsführer und Kommunikationsberater Christian gibt Antworten.

 

Der Aachener Zeitungsverlag nannte diese besondere Form der professionellen Kommunikation in ihrem Interview mit mir schlicht „unangenehme Nachrichten“. Aber wann ist eine Nachricht unangenehm? Das kann man ziemlich lange diskutieren oder – vielleicht etwas vereinfacht – festhalten: Unangenehm ist eine Nachricht immer dann, wenn eine beteiligte Gruppe durch die Kommunikation der Nachricht für sie negative Folgen erwarten muss oder diese bereits vorher eingetreten sind. Diese Gruppe kann man natürlich auch selbst sein – Individualperson, Unternehmen, Institution.

Doch es gibt direkt eine gute Nachricht zum Thema schlechte Nachrichten: Nur die wenigsten Nachrichten kann man nur auf eine Art und Weise kommunizieren. Und nur die wenigsten Nachrichten ergeben nur eine Möglichkeit, wie die Öffentlichkeit reagieren kann. Hier ist insbesondere der Rahmen einer Nachricht besonders wichtig. Beispiel: Ein Arbeitsunfall ist ein Arbeitsunfall. Aber wenn der zum ersten Mal vorkommt, dann ist es etwas anderes, als wenn es eine Serie gibt. 

Um die Wirkung einer Nachricht zu verstehen, versuchen wir bei NEUBLCK in Krisenkommunikationsprojekten daher immer, die Nachricht aus der Sichtweise verschiedener Zielgruppen zu denken. Das hilft, unerwünschte Nebeneffekte von Anfang an zu berücksichtigen und ggf. eine intelligente Orchestrierung zu finden. Vermutlich wäre „Inszenierung“ oder neudeutsch „Framing“ das bessere Wort – aber das klingt direkt nach Manipulation. Damit wäre Orchestrierung direkt ein gutes Beispiel für das, was wir hier tun: Wir geben der Nachricht eine gewünschte Interpretationsrichtung mit auf den Weg. Daraus ergeben sich dann unter anderem die folgenden zehn Fragestellungen unserer Bewertungsmatrix:

  1. Welche Zielgruppen wollen wir erreichen?
  2. Sind die Botschaften für alle Zielgruppen die gleichen oder gibt es unterschiedliche Botschaften?
  3. Welches Bild möchten wir durch die Kommunikation erzeugen?
  4. Für welche Zielgruppen hat die Kommunikation einer Nachricht welche Konsequenzen?
  5. Welches Interesse wiegt wie stark?
  6. Was sind mögliche Folgen für unsere Kunden?
  7. Wie wird die Nachricht verstanden?
  8. Welche zusätzlichen Informationen muss man mitgeben?
  9. Welchen Rahmen können wir der Nachricht geben?
  10. Wie können wir die Nachricht inszenieren? (Oder einfach gerade raus?)

Wenn wir diese Fragen (und noch ein paar andere) beantwortet haben, dann entscheiden wir, was und wie wir eine Botschaft kommunizieren. Denn es kommt meist nicht nur auf die eigentliche Botschaft an (das ist meist noch leicht), sondern sprichwörtlich auch auf den Ton, der die Musik macht.

Dieser sprichwörtliche Ton – also der Rahmen, in dem wir als Empfänger eine Nachricht hören oder lesen – ist einer der wichtigsten Faktoren dafür, wie wir Menschen eine Nachricht interpretieren und wie stark sich unser Schubladendenken einschaltet. Eben dieses Schubladendenken ist wichtig, wenn man verstehen will, wie Nachrichten von Menschen verarbeitet werden und wie diese Nachrichten aus ihren Schubladen heraus wirken.

 

Schubladendenken ist gut – und gefährlich zugleich

Damit unser Gehirn effizient arbeiten kann, versucht es, alles Wissen und alle Erfahrungen zu systematisieren und damit für uns das Leben zu vereinfachen. Wenn wir einen Eisbären oder ein Krokodil sehen, dann wissen wir sofort, dass Gefahr droht, ohne erneut darüber nachdenken zu müssen, weil wir die beiden Tiere schon mal irgendwann in diese Schublade gesteckt haben. Ziemlich praktisch also, diese Schubladen, oder?

Wenn wir jetzt eine Botschaft hören, versuchen wir, diese unbewusst in Schubladen zu packen oder mit unserem Schubladenwissen abzugleichen. Wir gehen zum Beispiel anders damit um, wenn wir lesen, dass ein Autofahrer ein Kind angefahren hat oder wenn es ein Porschefahrer war. Sofort geht eine Schublade auf. Das passiert uns allen – und die Medien nutzen es auch gern: War es ein Ford, würde die BILD vermutlich nur vom Autofahrer berichten. Den Markennamen Porsche dagegen lesen wir in der BILD selbstverständlich. So lässt sich das Schubladendenken auch vortrefflich für eigene Kommunikationszwecke aktiv nutzen.

Manchmal versuchen Kommunikatoren aber auch, eben genau dieses Schubladendenken zu vermeiden. Das ist häufig der Fall, wenn der Personenkreis, über den kommuniziert werden muss, zum Beispiel ausländische Wurzeln hat. Ist die Information relevant für diesen Fall? Macht es einen Unterschied? Werden diese Fragen verneint, hat es auch in unserer unangenehmen Botschaft nichts zu suchen. Wir wollen ja eben keine Schublade bedienen. Was ist aber, wenn die Rahmenumstände einfach eine Schublade kommunizieren, die man nicht weglassen kann? Denn in die Schublade „ausländerkritisch“ möchte verständlicher Weise keiner gepackt werden, weil es hoffentlich ja auch nicht zutrifft. Daher fordert jedes Thema, das eine bestimmte Gruppe von Menschen in den Fokus rückt, besonderes Fingerspitzengefühl. Einen Königsweg als Lösung gibt es dabei nicht. Nur auch hier wieder sind es häufig die Rahmeninfos, auf die es ankommt und die dann auch so manche Schublade relativieren können.

 

Ist immer kommunizieren nun Pflicht?

Heißt das jetzt auf den letzten Absatz bezogen, dass man bei so mancher Botschaft auch einfach mal nichts sagen sollte? Ist das besser? Die Kommunikationsexperten und Psychologen kennen den Satz: Man kann nicht nicht kommunizieren. Dieser schlaue Satz sagt uns, dass natürlich auch eine Nichtaussage zu einem Thema ein Statement ist. Man denke nur an die Frage eines Ehepartners an den oder die andere, ob er/sie fremd gegangen sei. Wer dazu einfach und beharrlich schweigt, sagt irgendwie auch eine ganze Menge… Also heißt das, dass Unternehmen, Institutionen und Co. immer antworten müssen? Nein – sicher nicht. Ich kenne ein paar gute Beispiele, bei denen das bewusste Schweigen durchaus hilfreich war. Auch wenn ich grundsätzlich eher in Richtung Offenheit und proaktiver Kommunikation berate – immer ist das auch nicht sinnvoll. Hier muss man unterscheiden:

      • Gar nicht antworten: Steht eine Frage bereits im Raum (z.B. eine Anfrage durch einen Journalisten), ist ein komplettes Schweigen meist die sicherste Möglichkeit, das Interesse des Journalisten nur noch zu erhöhen. Außerdem öffnet es Spekulationen und Eigeninterpretationen der Öffentlichkeit Tür und Tor. Hier gilt es unter anderem abzuwägen, ob man sich mit einer Aussage selbst noch mehr schaden würde als mit dem Umstand, dass alle Beteiligten das Schweigen „irgendwie“ interpretieren.
      • Blickrichtung steuern: Steht ein Thema bereits im Raum, so kann es aber dennoch Sinn machen, darüber nachzudenken, ob wirklich alle Aspekte kommuniziert werden müssen. Es könnte ja auch hilfreich sein, den Schwerpunkt der eigenen Kommunikation so zu legen, dass ein anderer Aspekt im Idealfall weniger Beachtung findet.
      • Proaktiv kommunizieren oder aussitzen? Ist eine negative Nachricht in der Öffentlichkeit noch gar nicht präsent, so lautet die Frage: Welche Folgen hat es, die Flucht nach vorne anzutreten und proaktiv zu kommunizieren? Oder sollten wir vielleicht darauf hoffen, dass eine Nachricht erst gar nicht den Weg „nach draußen“ findet? Letzteres kann gelingen, wird aber aufgrund der zunehmenden Vernetzung immer schwieriger. Zum einen finden Informationen heute durch das Internet schneller ihren Weg an die Öffentlichkeit. Da werden dann auch schnell und gerne einzelne Informationsteile zu einem großen Bild zusammengesetzt. Das ging „früher“ nicht so einfach und schnell. Und zum anderen fehlt uns als Gesellschaft an der ein oder anderen Stelle manchmal auch einfach noch die nötige Medienkompetenz. Da werden Dinge gepostet, die man früher nicht mal hinter vor gehaltener Hand erzählt hätte. Sich also darauf zu verlassen, dass ein Thema „schon nicht publik werden wird“ – davor warnen wir regelmäßig.

Fazit: Bei Krisenkommunikationsprojekten oder anderen Kommunikationsaufgaben empfehlen wir häufig eine proaktive Kommunikation – allerdings mit einer sehr bewussten Inszenierung der Botschaften. Manchmal kann es aber auch Sinn machen, sprichwörtlich „einfach mal die Klappe zu halten“. Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Hier hilft nur eines: Mit dem/der/des Kommunikationsberater:in des Vertrauens vollkommen offen reden. Denn nur dann kann er/sie/es wirklich sinnvoll beraten. Die Inszenierung sollte erst gemeinsam danach beginnen.

Und wer jetzt direkt reden möchte: +49 (0) 221 - 29 24 87 – 01 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

 


geschrieben von Christian
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